Unser Schalenprojekt vom Winter 2011
Ein guter Freund schenkte mir bei einer Aufräumaktion drei Kirschbaum-Bohlen mit 1,4 m Länge, 22 cm Breite und 6 cm Dicke. Diese waren bei ihm schon jahrelang eingelagert und daher wirklich trocken.
Zunächst hatte ich keinerlei Ideen, was ich aus dem Holz herstellen sollte. Doch dann erinnerte ich mich an ein amerikanisches Projekt von der AAW (American Association of Woodturners) von 2007. Dabei hatte der Präsident der AAW übrig gebliebene Schalenrohlinge von einer Ausstellung, bezüglich japanischer Urushi-Lackiertechnik, geschenkt bekommen. Diese wurden an verschiedene, international bekannte Drechselkünstler mit dem Hinweis zur freien Gestaltung verschickt. Nach einer gewissen Zeit wurden diese Objekte wieder von den Drechselkünstlern zurückgeschickt und es entstand eine Sammlung der verschiedensten gestalterischen Aspekte und Oberflächen.
Das war die Idee, die ich aufnahm. Ich schnitt die Bohlen auf meiner Bandsäge in runde Rohlinge mit einem Durchmesser von 13 cm und die schon genannte Dicke von 6 cm. Beim nächsten Stammtisch, der sehr gut besucht war, bekam jeder Teilnehmer den Rohling für eine Schale ausgehändigt, mit dem Hinweis eigener Gestaltungsfreiheit bezüglich Form und Oberfläche.
Jeder konnte also selbst bestimmen, wie er die Schale formen, und die Oberfläche behandeln wollte. Das Objekt Schale mußte auch keine Funktion erfüllen. Es konnte ebensogut künstlerisch gestaltet sein. Die einzige Einschränkung, die es eigentlich gab, war, daß die Größe des fertigen Objektes nicht die Größe eines Eierbechers bekommen sollte. In diesen Fällen oder bei gravierenden Notfällen hätte ich dem Teilnehmer wieder einen Rohling zuschicken können, denn ich hatte noch ein paar auf Lager. Der Abgabetermin sollte der zwei Monate spätere Stammtischtag sein. Die Aufregung der Teilnehmer wuchs über die Zeit, wie ich durch verschiedene Telefonate und Treffen mitbekam.
Der Tag der Abgabe kam: Es zeigte sich, auf wieviele Ideen die einzelnen Teilnehmer gekommen waren. Keine Schale glich der anderen, jede hatte ihre eigene Form. Auch die Arbeitvorgänge waren ersichtlich und grundsätzlich verschieden. Es waren Fräsarbeiten, versetzte Drechselarbeiten, Vergoldung, gebeizte, geölte, lackierte Oberflächen, und noch viele andere Möglichkeiten der Verarbeitung zu erkennen. Die meisten Teilnehmer waren sehr beeindruckt über die Vielfältigkeit der Schalenobjekte.
- Helmut Geupel
- Manfred Faltin
- Andreas Dach
- Gerhard Winter
- Wolfgang Rössler
- Helmut Bokämper
- Friedrich Lindner
- Johannes Stark
- Siegfried Bulikewitz
- Gerhard Kratz
- Erich Schwemmlein
- Ludwig Mündlein
- Rudi Kertsch
- Eva Karl
- Hans Backer
- Jürgen Lassauer
- Leo Zwickenpflug
- Herbert Seibert
- Thomas Häckel
- Peter Schinkoethe
- Franz-Josef Löhr
- Ernst Kunzmann
- Ulrich Triebel
- Ulrich Gerhard
- Roland Zierk
- Gerhard Staudacher
Nun wird natürlich bei einigen Lesern die Frage aufkommen, was diese Aktion gebracht hat? Nun, sie zeigte ersteinmal jedem von uns, wie groß die Mögllichkeiten sind, eine Schale nicht nur zu drechseln, sondern ebenso gestalterisch Einfluß auf deren Form zu nehmen. Gleichzeitig wurde durch die ersichtlichen Arbeitsvorgänge auch aufgezeigt, wie unterschiedlich der Entwicklungsstand der einzelnen Mitglieder nicht nur des fränkischen Drechslerstammtisches, sondern eigentlich der allgemeine Stand der Drechseltechnik unter den Drechslern zum derzeitigen Zeitpunkt war.
Der fränkische Stammtisch setzt sich aus Teilnehmern verschiedenster Altersgruppen, Drechselkenntnissen und Erfahrungen zusammen. Man hat also dadurch in gewisser Weise einen Überblick über den Drechselbereich. Zudem möchten wir natürlich auch eine Steigerung des Bekanntheitsgrades im fränkischen Landstrich erreichen, wozu sicherlich noch die eine oder andere Ausstellung beitragen wird.
Andreas Dach
Redaktionell überarbeitet: Thomas Häckel
Nach 13 Jahren ist es doch Zeit für einen Kommentar :-).
Als Anfänger fasziniert es mich ungemein, wie viel Vielfalt sich in einem scheinbar kleinen Thema entfalten kann. Jede einzelne Schale ist von atemberaubender Schönheit, unabhängig davon, ob sie komplex oder einfach gestaltet ist. Dieses Projekt ist wirklich beeindruckend, und ich zolle jedem Einzelnen meinen Respekt. Zudem finde ich es wichtig, die Fähigkeiten des Fotografen hervorzuheben. ‘Der Hunger kommt mit dem Auge’, heißt es, und hier weckt jede Aufnahme jede Menge Appetit!